War das Netz 2016 stabil?

Von Pfingsten 2016 bis Dezember 2017 gilt bei den Stadtbahnlinien in Stuttgart das „Netz 2016“, das eine veränderte Linienführung in der Innenstadt mit sich brachte. Zum Beispiel bedeutete das eine Unterbrechung der Linie U4 und Umleitungen der Linien U1, U2 und U11.

Ursache für diese Maßnahmen ist die Stuttgart21-Baustelle, die eine Verlegung von mehreren Tunnelstrecken erfordert.

„Stadtbahnchaos“ war der Vorwurf an SSB und Stadt Stuttgart, das vermehrte Umsteigen wurde als Zumutung empfunden, die Stadtbahn als unzuverlässig bezeichnet. „Früher aufstehen und später ankommen“, so die Prophezeihung für Pendler und Schüler.

Infooffensive Stadtbahnchaos

Die SSB hingegen sieht das Netz 2016 nach zwei Dritteln der Zeit so:

Ab Pfingsten wurde das Stadtbahnnetz der SSB neu konfiguriert, weil die Tunnelverbindung zwischen Staatgalerie und Charlottenplatz als Folge der Baumaßnahmen an der Haltestelle Staatsgalerie unterbrochen werden musste. Diese „Netz 2016“ gilt noch bis Dezember 2017 und ist trotz steigender Fahrgastzahlen bis zum heuteigen Tag sehr stabil, und ganz und gar nicht chaotisch, wie Verantwortlichen prophezeit wurde.

SSB

Und wie war es wirklich?

  • Wenige Verbindungen wurden kürzer oder bequemer, da umsteigefrei. Insbesondere viele Fahrgäste der Linie U1 aus Heslach fanden es gut, dass die Stadtbahn sie direkt zum Hauptbahnhof brachte. Für viele Fahrgäste bedeuteten die Umleitungen eine Fahrzeitverlängerung, da die Bahnen den Umweg über die Innenstadtschleife nehmen mussten. Dies bedeutete einen – allerdings kalkulierbaren – Zeitverlust, der eben hingenommen wurde.
  • Manche Stadtbahnen waren regelmäßig nur schwach besetzt (U21, U24), andere Linien hingegen waren regelmäßig sehr voll, um nicht zu sagen überfüllt. Dies wird von Pendlern als sehr unangenehm empfunden und schadet der Attraktivität der Stadtbahn sehr. Diese starke Auslastung auf manchen Linien spitzte sich durch die Umsteiger aus der U4 am Neckartor und die Umsteiger am Hauptbahnhof zu.
  • Die Stadtbahnen waren zu Randzeiten weiterhin pünktlich, aber gab es, wie von den Kritikern vorhergesagt, durch die Situation am Berliner Platz Verspätungen zwischen 2 und 5 Minuten, die die Stadtbahnzüge auf ihre weitere Fahrt mitnahmen. Dies ist ein nicht zu vernachlässigender Minuspunkt, da dadurch der Eindruck der Unzuverlässigkeit verstärkt wird, oft die Reihenfolge der Bahnen nicht mehr eingehalten wurde und Anschlüsse (zum Beispiel am Rotebühlplatz auf die S-Bahn) gefährdet waren.
  • Häufig konnten nicht mal die geplanten Abfahrtszeiten der am Charlottenplatz startenden kurzen Linien U21 und U24 eingehalten werden, und Verspätungen auf der einen Linie wurden auf die andere übertragen.
  • Die Unterbrechung der Linie U4 war für die Fahrgäste aus Richtung Hölderlinplatz sehr ungünstig, da sie die U24 nutzen mussten ohne Anschluß in den Stuttgarter Osten. Auch das erforderliche Umsteigen am Berliner Platz in alle Bahnen Richtung Cannstatt und Fellbach war trotz verbesserter Fußgängerüberwege lästig und mit Zeitverlust verbunden.

Ab Dezember 2017 gilt das Netz 2018, bei welchem die Strecke zwischen Staatsgalerie und Charlottenplatz wieder befahren werden kann, allerdings das Teilstück zwischen Staatsgalerie und Hauptbahnhof/ Arnulf-Klett-Platz unterbrochen ist. Diese Sperrung wird deutlich länger dauern als die erste, und sie wird für viele Fahrgäste weitere Nachteile bringen.

 

Kritik am neuen Liniennetzplan 2018

Sehr übersichtlich ist das Netz 2018 nicht geworden. Kritikpunkte:

  • Es sieht auf den ersten Blick so aus, als würden nur noch die Linien U11, U14 und U29 an der Haltestelle Hauptbahnhof/ Arnulf-Klett-Platz halten. Dies stimmt natürlich nicht, denn die Talquerlinien U5, U6, U7, U12 und U15 fahren dort weiterhin.
  • Die Farbgebung der neuen Linien ist irritierend. Wenn die U29 das selbe Gelb hat wie die U9, denkt man zunächst, es wäre ein- und dieselbe Linie. Ebenso das Grün von U14 und U34: Hier kann man erst durch genaues Hinsehen herausbekommen, dass die Stadtbahn U34 vom Vogelsang nicht am Berliner Platz geradeaus zum Hauptbahnhof fährt, sondern zum Rotebühlplatz abbiegt.

Wer schon in fremdern Städten oder Ländern Liniennetzpläne studiert hat, weiss, dass man sich zumeist an der Farbgebung der Linien auf dem Plan orientiert. Um der Verwirrung der Fahrgäste entgegenzuwirken, wäre es gut, die SSB würde ihre Grafik optimieren.

 

Mitnahmeeffekte beim Feinstaubticket

Die SSB hat Verlust gemacht, und zwar überproportional bei Gelegenheitsfahrten und durch Mitnahmeeffekte bei Feinstaubtickets. Dies war zu erwarten. Die SSB formuliert es bezogen auf 2016 so:

An Feinstaubalarm-Tagen appelliert die Stadt Stuttgart an Bürger und Pendler ua, auf den öffentlichen Nahverkehr umzusteigen, um die Feinstaubbelastung zu reduzieren. (…) Dieses Angebot (Feinstaubticket) ermöglicht Erwachsenen die Fahrt zum Preis eines KinderTickets. Einerseits konnten damit an den entsprechenden Tagen gewisse Fahrgastzuwächse erreicht werden, andererseits macht sich diese Rabattierung auf der Einnahmeseite deutlich bemerkbar. Die Nutzung der Tickets zum Kinderpreis durch bisher voll zahlende Kunden führt letztlich zu einem Rückgang der Einnahmen beim Gelegenheitsverkehr um vier bis sieben Prozent (…) gegenüber dem jeweiligen Vorjahresmonat.

In der Zeitung war es so zu lesen:

Zudem wurden an den Alarmtagen zwar rund 35 Prozent mehr Einzelfahrscheine verkauft, aber die Zahl der Fahrgäste stieg allenfalls um fünf Prozent – es gab also große Mitnahmeeffekte, während das Ziel, viele Autofahrer zum Umsteigen zu bewegen, nicht erreicht wurde.

Das bedeutet: viele Kunden, die sowieso mit der SSB gefahren wären, haben sich über das günstigere Ticket an Feinstaubtagen gefreut. Man hat aber durch diese Regelung wohl wenige Menschen zum Umstieg vom Auto auf die Stadtbahn bewegt.

Zur Bilanz der SSB lesen wir in der Zeitung:

Und was wurde für die Feinstaubsaison 2017 beschlossen? Höhere Fahrpreise ab Januar 2018 und ein vergünstigtes Tagesticket ab Oktober.

Beitrag vom 14.6.2017
Beitrag vom 8.Mai 2017

roter renner am 9.10.2017

Kurzstrecken in der Innenstadt

Erinnert sich noch jemand an das Stadtbahnnetz vor den aktuellen Umleitungen? Die U1 fuhr von Vaihingen über den Charlottenplatz nach Fellbach, die U2 von Botnang nach Neugereut über Charlottenplatz, die U4 von Untertürkheim ohne Unterbrechung zum Hölderlinplatz.

Wenn man mit der Stadtbahn nicht mehr als drei Haltestellen (ohne Umstieg) unterwegs war, konnte man ein Kurzstreckenticket nutzen. Auf den Strecken, auf denen das in der Innenstadt möglich war (siehe unten) kann man das weiterhin, auch wenn dafür wegen der Sperrungen und Umleitungen eine längere Strecke oder ein Umstieg oder beides erforderlich ist.

Diese Regelung galt und gilt für das Netz 2016, und sie wird auch für das Netz 2018 gelten.

Zur Erinnerung hier also eine Auflistung der Innenstadtkurzstreckenverbindungen:

U1, U2, U4 Staatsgalerie – Charlottenplatz
U1, U2, U4 Staatsgalerie – Rathaus
U1 Staatsgalerie – Österreichischer Platz
U2, U4 Staatsgalerie – Rotebühlplatz (Das Gerber)
U1, U2, U4 Neckartor – Charlottenplatz
U1, U2, U4 Neckartor – Rathaus
U1, U2, U4 Stöckach – Charlottenplatz
U1, U2, U4 Charlottenplatz – Staatsgalerie
U1, U2, U4 Charlottenplatz – Neckartor
U1, U2, U4 Charlottenplatz – Stöckach
U1, U2, U4 Rathaus – Staatsgalerie
U1, U2, U4 Rathaus – Neckartor
U1 Österreichischer Platz – Staatsgalerie
U2, U4 Rotebühlplatz (Das Gerber) – Staatsgalerie
U2 Schwab-/Bebelstraße – Rotebühlplatz (Das Gerber)
U2 Schloss-/Johannesstr. – Rotebühlplatz (Das Gerber)
U2 Schloss-/Johannesstr. – Rathaus
U2 Rotebühlplatz (Das Gerber) – Schwab-/Bebelstraße
U2 Rotebühlplatz (Das Gerber) – Schloss-/Johannesstr.
U2 Rathaus – Schloss-/Johannesstr.

Im Netz 2016 führt das dazu, dass man beispielsweise von Staatsgalerie zum Österreichischen Platz zum Kurzstreckentarif von €1,30 ohne Umstieg mit der U1 oder der U14 fahren kann (5 Haltestellen) oder von der Haltestelle Rathaus bis Staatsgalerie mit zwei Umstiegen (Charlottenplatz und Hauptbahnhof) ebenfalls für €1,30.

Welche Kurzstrecken-Möglichkeiten ergeben sich beim Netz 2018? Mit der U14 von Stöckach zum Hauptbahnhof über die Innenstadtschleife, ebenso von Liederhalle bis beispielsweise Staatsgalerie. Dies wird zu gegebener Zeit in weiteren Beiträgen besprochen werden.

Update 28.9.2017: Die SSB schreibt auf ihrer Seite www.netz2018.de, dass bisherige Kurzstreckenverbindungen weiterhin gelten. Das bedeutet, dass sowohl Strecken, die im Netz 2016 Kurzstrecken waren, als auch Strecken, die vor den baustellenbedingten Umleitungen Kurzstrecken waren, wie in der Liste weiter oben dargestellt, weiterhin mit Kurzstreckentickets befahren werden können, auch wenn es mehr als drei Haltestellen sind und auch wenn Umstiege erforderlich sind.